Fintech Startups finden in Lateinamerika ideale Rahmenbedingungen vor: der Bedarf an Finanzdienstleistungen ist groß, das klassische Banksystem schlecht ausgebaut.Hinzu kommen eine überdurchschnittliche Nutzung von mobilem Internet und innovationsfreundliche Behörden.
50 Prozent der Bevölkerung ohne Bankkonto
Einer der größten Märkte für Fintechs und neue Banking-Produkte ist Lateinamerika: laut Angaben der Weltbank haben rund 50 Prozent der lateinamerikanischen Bevölkerung kein Bankkonto.
Überall auf der Welt bieten Fintechs innovative Finanzdienstleistungen für Bevölkerungsgruppen an, die vom klassischen Banksystem nicht oder nur unzureichend versorgt werden. Damit sind sie zu einer wichtigen Säule neben den traditionellen Geldinstituten geworden. Einer der größten Märkte für neue digitale Finanzprodukte ist Lateinamerika: laut Angaben der Weltbank haben rund 50 Prozent der lateinamerikanischen Bevölkerung kein Bankkonto. Viele Verbraucher haben zudem keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen, die in den Industrieländern selbstverständlich sind. Das hat zur Folge, dass die Fintech-Aktivitäten auf dem südamerikanischen Kontinent exponentiell gewachsen sind. Branchenexperten bezeichnen die Region daher bereits als einen der wichtigsten neuen Fintech-Hotspots.
690 Prozent Wachstum
Während der lateinamerikanische Markt noch vor wenigen Jahren von traditionellen Finanzinstituten so gut wie ignoriert wurde, ist die Fintech-Branche seit 2017 dort regelrecht explodiert. Aktuell sind mehr als 1.166 Fintech-Initiativen in 18 lateinamerikanischen Ländern aktiv. Mittlerweile sind auch die Venture Capitalists auf diese Entwicklung aufmerksam geworden: im Jahr 2019 beliefen sich die VC-Investitionen in lateinamerikanische Fintechs auf rund 2,1 Milliarden US-Dollar, das entspricht einem Wachstum von 690 Prozent in den letzten fünf Jahren. Derzeit muss die Fintech-Branche zwar Rückschläge aufgrund der Corona-Pandemie verkraften, für 2021 wird aber eine Rückkehr auf das Vorkrisenniveau erwartet.
Ideale Rahmenbedingungen für Fintechs
Neben der großflächigen Unterversorgung der Bevölkerung mit Finanzdienstleistungen hat Lateinamerika einen weiteren Standortvorteil für Fintechs: die Internetdurchdringung ist mit durchschnittlich 66 Prozent überdurchschnittlich gut. Zudem ist für etwa drei Viertel der Bevölkerung die mobile Internetnutzung selbstverständlich. Eine gut ausgebildete Mittelschicht bringt Gründer von regionalen Fintechs hervor, welche die Märkte wesentlich besser verstehen als Außenstehende und daher maßgeschneiderte Dienstleistungen für die Verbraucher vor Ort anbieten können. Damit sind die Rahmenbedingungen für Fintech Startups in Lateinamerika ähnlich gut wie etwa in Südostasien. Ein Ass hat der lateinamerikanische Markt aber noch im Ärmel: die Bankenaufsichtsbehörden und Zentralbanken der Region bemühen sich, weitläufig Eintrittsbarrieren abzubauen. Beispielsweise wurde die Beantragung von Kreditlizenzen und Bankurkunden in Mexiko und Brasilien wesentlich erleichtert, auch stehen viele Behörden und Banken Kryptowährungen und der Blockchain-Technologie offen gegenüber.