Erfolgreiches Geschäftsjahr für Privatkundenbanken
Die europäischen Privatkundenbanken müssen sich für die Zukunft wappnen. - Quelle: Shutterstock.com
Die Retailbanken in Deutschland konnten auch 2024 dank der positiven Zinsentwicklung die Erträge des Privatkundengeschäfts nach starken Ergebnissen in den Jahren 2022 und 2023 deutlich steigern. Viele Kunden halten weiterhin erhebliche Geldbeträge auf Girokonten oder zinsgünstigen Sparkonten, wodurch die Banken erhebliche Margenvorteile erzielen konnten. Zu diesem Ergebnis kommt der Retail Banking Monitor 2025 von Strategy&, der Strategieberatung von PwC.
Neben den steigenden Zinsen profitieren einige Privatkundenbanken zudem von Anstrengungen zur Kostensenkung und der erfolgreichen Einführung digitaler Servicemodelle. Insgesamt erwies sich 2024 als ein weiteres positives Jahr für europäische Privatkundenbanken: Der Umsatz stieg um 3 % und der Gewinn um 4 %.
Notwendige Transformation des Privatkundengeschäftes
In Europa blieb der Gesamtumsatz auf hohem Niveau stabil, der Anteil der Provisionserträge pro Kunde stagnierte jedoch bei 27 %. Bei den Zinserträgen besteht weiterhin Wachstumspotenzial. Eine mögliche Änderung der Zinspolitik – möglicherweise beeinflusst durch bevorstehende US-Handelsbarrieren – könnte diesen Vorteil jedoch beeinträchtigen und einen erneuten Fokus auf Gebührengenerierung und Kostenmanagement auslösen. In einem herausfordernden Szenario, wie beispielsweise der Einführung universeller Zölle von 10 %, könnten die Zinssätze gegen Null gesenkt werden, um die wirtschaftlichen Folgen abzumildern und den Wachstumskurs der EU in Schlüsselmärkten zu unterstützen.
Steigende Konkurrenz durch Challenger-Banken
Neobanken und Challenger-Banken haben in den letzten zehn Jahren das Retail-Banking spürbar geprägt. Sie nähern sich einem Wendepunkt und könnten den etablierten Banken künftig einen erheblichen Teil ihrer Erträge abnehmen. Der Retail Banking Monitor hat Schlüsselmerkmale identifiziert, die sowohl bei größeren als auch bei kleineren Challenger-Banken unterschiedlich ausgeprägt sind. Als Reaktion darauf haben einige etablierte Banken eigene Projekte und Initiativen gestartet, um mit diesen aufstrebenden Akteuren zu konkurrieren.
„Traditionelle Retailbanken haben zuletzt stark von Zinsrückenwinden profitiert, die nun jedoch rasch abflauen könnten“, sagt Dr. Lisa Schöler, Co-Studienautorin und Director bei Strategy& Deutschland: „Gleichzeitig arbeiten erste Challenger-Banken mittlerweile profitabel und setzen etablierte Institute immer schärfer unter Druck. Challenger-Banken agieren längst nicht mehr wie lokale Newcomer, sondern operieren länderübergreifend und konnten zuletzt insbesondere bei jüngeren Zielgruppen stark wachsen. Um ihre aktuellen Erfolge weiter ausbauen zu können, müssen sie künftig allerdings vor allem mehr Ertrag pro Kunde erzielen.“
Fünf Prioritäten für europäische Retailbanken
Die Studienautoren gehen davon aus, dass sich die Herausforderer künftig in unterschiedliche Richtungen entwickeln werden: Einige verfolgen möglicherweise eine globale Strategie, während andere sich auf die Profitabilität regionaler Märkte konzentrieren. Etablierte Finanzinstitute werden sich voraussichtlich auf den Aufbau digitaler Modelle mit Filialen, die Entwicklung eines aufsichtskonformen Innovationsportfolios und ein effektives Bilanzmanagement konzentrieren.
Um in einem sich schnell entwickelnden Markt mit einem stark wachsenden Kundenstamm unter den Challenger-Banken wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich traditionelle Retailbanken auf eine Transformation ihres Vertriebs und eine radikale Vereinfachung ihrer Betriebsmodelle konzentrieren. Die Studie benennt fünf zentrale Prioritäten:
- Kundengewinnung: Traditionelle Banken müssen innovativ sein, um ihre Effizienz zu steigern und den digital versierten Kundenstamm anzuziehen, den Challenger-Banken zunehmend für sich gewinnen.
- Produktinnovation: Etablierte Banken müssen ihr Angebot um Lifestyle-Produkte erweitern, um sicherzustellen, dass sie auf dem Markt relevant und wettbewerbsfähig bleiben.
- Bilanzmanagement: Traditionelle Privatkundenbanken sollten ihre Bilanzstrategien überdenken und zur Optimierung ihrer Rentabilität Bilanz-Light-Modelle in Betracht ziehen.
- Monetarisierungsstrategien: Um den sinkenden Zinsmargen entgegenzuwirken, müssen traditionelle Banken ihre Gebühren- und Provisionseinnahmen durch verbesserte Monetarisierungsstrategien steigern.
- Segmentfokus: Etablierte Banken sollten ihre Größe und das aufgebaute Vertrauen nutzen, um den vielfältigen Anforderungen des Marktes wirksam gerecht zu werden.