App-Onboarding unter der Lupe
Die OLB ist die einzige Geschäftsbank mit Neukunden App-Onboarding für private Girokonten. - Quelle: Shutterstock.com
Die Oldenburgische Landesbank (OLB) hat jüngst ein Neukunden App-Onboarding für private Girokonten gelauncht. Dieser Schritt ist auf der einen Seite logisch, will die OLB im Wettbewerb um junge Kunden wettbewerbsfähig bleiben, auf der anderen Seite mutig, da sie die einzige Geschäftsbank in Deutschland ist, die ein App-Onboarding anbietet. Laut der Marktforschungsagentur digit.cologne hat die Sparkassen Gruppe das App-Onboarding inzwischen deaktiviert. In den Jahren 2022 und 2023 waren die Sparkassen die einzigen Geschäftsbanken, die neben Neobanken ein App-Onboarding für Neukunden angeboten hatten.
In einer aktuellen Analyse vergleicht digit.cologne die Umsetzung der OLB mit zwei digitalen Vorzeige-Neobanken - Revolut und N26 - und bewertet, wie sich die OLB im Wettbewerb mit den Neobanken schlägt. Folgendes sind die Kernergebnisse der Studie.
Datenhunger
Wie aus der Studie hervorgeht, haben die OLB und Revolut einen geringeren Datenappetit als N26. Die OLB fragt 15 Angaben von Neukunden im Rahmen des App-Onboardings ab, Revolut begnügt sich sogar mit 14 Angaben, während N26 geradezu unersättlich ist und mit 31 Angaben mehr als doppelt so viele Daten von Neukunden abfragt.
Fazit: Die OLB behauptet sich bei der Anzahl erforderlicher Angaben im Vergleich mit den Neobanken und setzt sich sogar positiv gegenüber N26 ab.
Prozesschritte
Neben der Anzahl der Angaben ist es auch wichtig, die Anzahl der Prozessschritte für den Neukunden möglichst gering zu halten. Auch hier sind massive Unterschiede zu erkennen: Während die OLB mit 24 Prozessschritten auskommt (Revolut sogar nur 21), müssen Neukunden von N26 sehr geduldig sein und sich durch 50 Prozessschritte durchklicken. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass N26 die Kontokonfiguration in die Kontoeröffnung verlagert und dadurch mehr Angaben abfragt und mehr Prozessschritte erfordert.
Fazit: Die OLB hat eine ähnliche kurze Prozessstrecke wie Revolut.
Adresseingabe
Revolut und N26 nutzen Adresssuchen, um fehlerhafte Eingaben und vor allem manuelles Nacharbeiten bei nicht validen Adressen zu vermeiden. Dies hat zwar den Nachteil, dass nur bekannte Adressen gefunden werden - teilweise sind Adressen aus Neubaugebieten noch nicht erfasst, aber die Vorteile aus Sicht vermeidbarer Prozesskosten scheinen bei Revolut und N26 höher gewichtet zu werden. Alternativ könnte auch ein qualifizierter Adresscheck eingesetzt werden.
Laut digit.cologne-Studie ist die OLB aktuell die einzige Bank in Deutschland, die gänzlich auf die Erfassung der Adresse durch den Neukunden verzichtet. Selbstverständlich erhält die OLB die Kundenanschrift, spätestens im Rahmen der Videolegitimation.
Fazit: Auch wenn es unüblich ist – durch den Verzicht auf die Erfassung der Anschrift durch den Antragssteller gelingt es der OLB, den Antragsprozess vergleichsweise kurz zu halten.
Video oder Selfie Ident
N26 und die OLB setzen auf Videoident. Revolut nutzt das innovative und aus Sicht der Marktanalysten komfortablere Selfie Ident Verfahren. Bei Revolut ist die Legitimation mit Reisepass, Personalausweis und Führerschein möglich. Bei N26 nur mit Reisepass und Führerschein.
Fazit: OLB und N26 mit Video Ident, OLB absolut auf Augenhöhe.
Transparenz bei Konditionen
Die Studienautoren haben folgende Kontomodelle anhand der Entgeltinformationen gemäß ZKG verglichen: OLB Girokonto M - N26 Smart - Revolut Plus.
Gleich zu Beginn fiel dabei auf, dass nur die OLB die rechtlich verpflichtenden Angaben einfach auf der Internetseite zugänglich macht.
N26 bietet ein weiteres Beispiel fehlender Transparenz: Die Dispozinsen werden nur als Sollzins zzgl. des anwendbaren Zinssatzes für Hauptrefinanzierungsgeschäfte der EZB angegeben.
Revolut wiederum erhebt eine Abbruchgebühr bei Rückwechsel aus einem kostenpflichtigen Abo in das kostenlose Standard Abo und eine Versandgebühr für bestellte Kreditkarten. Diese Gebühren müssen immer auch in die Entscheidung für ein Kontomodell der verschiedenen Banken einbezogen werden. Mit diesen intransparenten Gebühren und Konditionen würden N26 und Revolut kein Vertrauen aufbauen, so die Kritik von digit.cologne.
Fazit: Es wirkt vertrauensstiftend, dass die OLB die Entgeltinformationen einfach auffindbar über die Webseite anbietet.
Technische Haken im Nutzererlebnis
Obwohl die Umsetzung innerhalb der OLB-App von den Studienautoren gelobt wird, belasten UX-Fehler bei Sprüngen zwischen den Systemen (App und Webseite) die Gesamtwahrnehmung.
Fazit: Die OLB scheint die Verifizierung der E-Mail-Adresse und Mobilfunknummer technisch nicht direkt in der App abbilden zu können und verlinkt auf die Webseite. Dort wird allerdings nach der Verifizierung kein Rücksprung in die App angeboten.
Vermarktung und Nachfassen
N26 ist die einzige der untersuchten Banken, die ihre Konten sowohl bei Verivox als auch Check24 anbietet und vermarktet. In der Vergangenheit haben die Neobanken sehr von ihren niedrigen Kontogebühren profitiert, so dass das Neugeschäft nicht durch die Vermarktung über Preisvergleiche angekurbelt werden musste.
Bei der Veredelung von Vertriebskontakten (Nachfassen) gehen N26 und Revolut konsequent vor: Bei ausstehender Legitimation oder Prozessabbruch werden potenzielle Neukunden innerhalb von 48 Stunden per E-Mail kontaktiert.
Fazit: Die OLB verschenkt Vertriebspotenzial, da sie im Gegensatz zu den beiden Neobanken auf das Nachfassen von Vertriebskontakten verzichtet.
Ergebnis: So schneidet die OLB gegenüber den Neobanken ab
Laut der digit.cologne-Studie muss sich die OLB beim App-Onboarding nicht hinter den Neobanken N26 und Revolut verstecken und schließt in der Umsetzung sogar etwas besser ab als N26. Die OLB habe sich erfolgreich bemüht, einen kurzen und datensparsamen Onboarding-Prozess zu entwickeln. Ebenso positiv sei zu bewerten, dass die OLB ihre Gebühren sehr transparent kommuniziere. Einzig technische Limitationen, vermutlich aufgrund der veralteten Systeme oder Bereitstellung von Produktpartnern, belasten das positive Gesamtbild.
Die Studienautoren vergeben folgende Bewertung für das App-Onboarding:
- Revolut: Score 90
- OLB: Score 80
- N26: Score 75