Verschenktes Potenzial
Banken sind zwar an der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen wie Fintechs interessiert, viele Kooperationen sind jedoch eingeschränkt. - Quelle: Shutterstock.com
Lediglich 27 Prozent der Finanzdienstleister in Deutschland wollen ihre Kompetenzen mit externen Partnern teilen. Banken und Versicherer sind damit deutlich zurückhaltender als die verarbeitende Industrie (48 Prozent), wie aus der aktuellen Studie Managementkompass von Sopra Steria hervor geht. Speziell Banken sind zwar an der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen wie Fintechs interessiert, viele Kooperationen sind jedoch kurz oder fachlich eingeschränkt. Ein zentraler Grund für den gebremsten Transfer von Kompetenzen ist die Know-how-Lücke zwischen den Partnern. Finanzdienstleister verschenken damit allerdings Potenzial bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, meinen die Studienautoren.
Motiv Kosteneinsparungen
Quelle: Sopra Steria SE / PER Agency
Zusammenarbeit ist in der Finanzbranche gang und gäbe. Es bestehen rund 700 Kooperationen zwischen Banken und Fintechs in Deutschland. Viele aktuelle Partnerschaften folgen einem bestimmten Muster: Häufig fungiert eine etablierte Bank als Partnerinstitut oder Abwickler für ein Fintech. Scalable Capital nimmt beispielsweise bankfachliche Dienste wie die Abwicklung von Transaktionen der Baader Bank in Anspruch. Andersherum integrieren Banken häufig Fintech-Services in ihr Geschäft.
"Die Zusammenarbeit ist in der Regel von loser Natur und klar abgegrenzt. Damit bleiben jedoch Möglichkeiten auf der Strecke. Das eigentliche Potenzial liegt in intensiveren Kooperationen, auch mit interdisziplinären Partnern wie Behörden", sagt Tilo Kette, Managementberater und Bankenexperte von Sopra Steria Next. Bei diesen Formaten steht das gemeinsame Erreichen eines Mehrwerts für Kunden im Mittelpunkt, an dessen Entwicklung und Erfolg alle Partner beteiligt sind.
Engere Kooperationen von Finanzdienstleistern existieren derzeit vorrangig mit dem Ziel des Technologietransfers. Jedes zweite Institut kooperiert auf den Gebieten Digitalisierung und IT-Infrastruktur, zeigt der Managementkompass. Viele Banken pflegen mittlerweile strategische Partnerschaften mit großen Tech-Konzernen, unter anderem, um mit Cloud-Computing und Künstlicher Intelligenz profitabler zu werden. Für 60 Prozent der befragten Finanzdienstleister sind Kosteneinsparungen das Hauptmotiv einer Partnerschaft, so die Studie.
Metaverse-Kooperationen greifen zu kurz
Großer Kooperationsbedarf herrscht bei Innovationsthemen wie der geschäftlichen Erschließung des Metaverse, wie aus der Sopra-Steria-Studie weiter hervor geht. Zahlreiche internationale Geldinstitute investieren, auch Banken aus Deutschland besitzen Grundstücke in der virtuellen Welt und errichten Präsenzen. Banken wollen allerdings auch hier vor allem ihr aktuelles Geschäft wie Wertpapierhandel und Zahlungsabwicklung in die Metaverse-Welten verlagern. Fintechs und Krypto-Dienstleister suchen wiederum einseitig nach Partnern mit Banklizenz und Compliance-Know-how, beispielsweise zu den speziell für sie relevanten EU-Vorschriften DORA (Digital Operational Resilience Act) und MiCA (Markets in Crypto-Assets).
"Banken droht, dass sie erneut Chancen vorbeiziehen lassen", so Bankenexperte Kette: "Ziel sollte es sein, dass sie zusammen mit Partnern unterschiedliche Kompetenzen zusammenbringen und eine kooperative Wertschöpfung entwickeln, die speziell für das Metaverse gemacht ist - völlig losgelöst von Produkten und Dienstleistungen, die Banken und Fintechs derzeit anbieten."
Das erfordert allerdings, dass sich Banken strategisch und organisatorisch deutlich öffnen und Kompetenzen teilen. Diesen Umdenkprozess treiben Banken und Versicherer zumindest überdurchschnittlich stark voran, zeigt die Befragung: 62 Prozent der Finanzdienstleister arbeiten an einem offeneren Mindset in ihrer Organisation und fördern interdisziplinäres Arbeiten. Das sind 12 Prozentpunkte mehr als im branchenübergreifenden Durchschnitt.