Trading wird leichter und spielerischer
Trading Apps können unerfahrene Anlegerinnen und Anleger zu risikoreichem Anlegeverhalten verleiten – das hat ein Forschungsteam der Hochschule München und der Universität Trier herausgefunden. - Quelle: Shutterstock.com
Trading Apps wie Trade Republic und Scalable Capital, haben in den letzten Jahren deutlich an Popularität gewonnen. Diese sogenannten Neobroker-Angebote ermöglichen den einfachen Zugang zu Investitionen in Aktien, ETFs oder Kryptowährungen. Durch den Einsatz von Gamification-Methoden und oftmals ohne Gebühren wird das Investieren und Spekulieren für die Nutzer geradezu spielerisch. Forschende der Hochschule München (HM) und der Universität Trier haben eine Studie veröffentlicht, welche die langfristigen Auswirkungen der Trading App Nutzung auf das Anlageverhalten untersucht und einen Vergleich zwischen Neobroker-Nutzern und traditionellen Investoren aufzeigt.
Dr. Jonas Freibauer und HM-Professorin Silja Grawert von der Fakultät für Informatik und Mathematik sowie Prof. Dr. Marc Oliver Rieger der Universität Trier befragten für ihre Studie „The effects of trading apps on investment behavior over time“ über 500 Teilnehmende. Dabei sammelten sie beispielsweise Informationen zu den Investitionsgründen, dem Investitionsvolumen und zur Risikobereitschaft. Die Erkenntnisse der Studie sind besonders relevant für Finanzdienstleister, Regulierungsbehörden sowie Investoren, die die Dynamik des modernen Finanzmarktes besser verstehen möchten.
Steigende Risikobereitschaft ist eine der langfristigen Auswirkungen
Die Studie zeigt, dass Nutzer von Neobrokern im Vergleich zu traditionellen Investoren jünger und risikofreudiger sind und auch insgesamt mehr handeln. Letzteres wirke sich vor allem bei Privatanlegern langfristig negativ auf die Rendite aus. Bemerkenswert ist außerdem, dass der Wissens- und Erfahrungsstand der Neobroker-Nutzer zwar im Laufe der Zeit zunimmt, jedoch trotzdem auf einem niedrigen Niveau bleibt. So gaben nur sieben Prozent der Nutzer von Neobrokern an, zu wissen, wie das Geschäftsmodel von Trading Apps funktioniert.
Gleichzeitig steigt deren Risikobereitschaft durch die langfristige Trading-App-Nutzung signifikant an, was sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt: "Durch niedrige Ordergebühren, geringe Mindestanlagesummen und die einfache und spielerische Anmeldung sowie die Bedienung über die App nehmen Trading Apps mit über 50 Prozent an Erstanlegern eine bedeutende Rolle bei der Demokratisierung der Finanzmärkte ein“, erklärt Dr. Jonas Freibauer, Hauptautor der Studie.
Der niedrige Wissensstand zu Finanzen und die steigende Risikotoleranz von Neobroker-Nutzern könnten laut dem Forschungsteam zu potenziell risikoreicheren Anlageentscheidungen und zu einer höheren Verlustwahrscheinlichkeit führen.
Trading Apps: Chance für die Alterssicherung?
Andererseits könnte die Steigerung der Aktienmarktbeteiligung in Kombination mit langfristig orientierten Investitionen die Alterssicherung in Deutschland vorantreiben, heißt es in der Studie weiter. HM-Professorin Silja Grawert betont, dass weitere Maßnahmen nötig sind, um Trading Apps trotz der vornehmlich negativen langfristigen Auswirkungen als Mittel zur Steigerung der Aktienmarktbeteiligung positiv einsetzen zu können: „Die breite Verfügbarkeit von Test-Versionen von Trading Apps kann es Nutzenden ermöglichen, das Investieren in einer risikofreien Umgebung auszuprobieren und Erfahrung zu sammeln. Ergänzend wären gezielt eingesetzte Lerntools wichtig, mit denen Anlegerinnen und Anleger in den Bereichen Finanzen und Aktienmarkt Grundkenntnisse erwerben und sich weiterbilden können, denn das wäre für den langfristigen Erfolg essenziell.“