21.09.2023
Die Gratwanderung zwischen Nutzerfreundlichkeit und Compliance für Neobanken
Krik Gunning, Co-Founder und CEO von Fourthline, ist ein Experte in Sachen Compliance-Herausforderungen europäischer Neobanken und Neobroker. Mit Kunden wie Trade Republic, N26 und Western Union hat sich Fourthline als führender Dienstleister für Nutzeridentifizierung und Geldwäschebekämpfung etabliert. - Quelle: Fourthline
Die Bekämpfung der Finanzkriminalität hat in den letzten Jahren an Intensität gewonnen. Angesichts der rasanten Globalisierung und technologischen Fortschritte finden Kriminelle immer raffiniertere Wege, um sich der Entdeckung zu entziehen. Europäische Aufsichtsbehörden, einschließlich der deutschen BaFin, drängen Finanzinstitute aus gutem Grund, ihre Kundenidentifizierungsverfahren (Know Your Customer, kurz: KYC) zu optimieren und langfristige Beziehungen zu ihren Kunden aufzubauen.
Das Problem: Je komplexer die regulatorischen Anforderungen, desto größer die Gefahr, Nutzer:innen und Neukund:innen mit aufwändigen KYC-Prozessen zu vergällen. Geschwindigkeit und ein einfacher Zugang gehören jedoch zu den wichtigsten Argumenten, warum sich deutsche Nutzer:innen für Neobanken und -broker entscheiden, wie unter anderem der aktuelle FinTech-Report von McKinsey nahelegt. Bei der Vereinbarkeit von Compliance und Nutzerkonversion stehen Finanzinstitute im Wesentlichen vor drei Herausforderungen:
Herausforderung 1: Kontinuierliches KYC in regulatorischer Splitterlandschaft
Die Identitätsüberprüfung ist kein einmaliger Vorgang, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der sich der Registrierung über die Authentifizierung bis zur Wiederherstellung des Kontos erstreckt. In Deutschland sind KYC-Verfahren nicht nur eine gesetzliche Vorschrift, sondern ein entscheidender Schritt zur Verhinderung von Finanzkriminalität und Betrug. Anti-Geldwäsche-Gesetze (AML) und Betrugsüberwachungsmechanismen ergänzen KYC, um Finanzverbrechen aufzudecken und zu verhindern. Die Kontoauthentifizierung stellt sicher, dass die Person, die das Konto ursprünglich eröffnet hat, auch weiterhin dessen rechtmäßige:r Nutzer:in ist. Regelmäßige erneute KYC-Prüfungen (Re-KYC) helfen Neobanken und Neobrokern, die Informationen ihrer Kund:innen auf dem aktuellste Stand zu halten. Neben der Einhaltung von KYC- und AML-Vorschriften müssen deutsche Neobanken und Neobroker auch EU-weite Vorschriften wie die Zweite Zahlungsdienstleisterrichtlinie (PSD2) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einhalten.
Diese vielschichtigen regulatorischen Anforderungen mit einem reibungslosen Onboarding neuer Nutzer:innen zu vereinbaren, ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Denn es ist nicht nur zeitaufwändig und teuer, sondern erfordert oft auch zusätzliche Ressourcen und Investitionen, was gerade für Neobanken und -broker kaum inhouse zu bewerkstelligen ist.
Hinzu kommt, dass die regulatorische Landschaft in Europa noch immer fragmentiert ist. Jedes Land hat seine eigenen Regeln oder legt EU-Vorgaben unterschiedlich aus. Diese Zersplitterung erhöht die Komplexität für Neobanken und Neobroker zusätzlich, die in Europa expandieren wollen.
Herausforderung 2: Massive Investitionen bedeuten strategische Starrheit
Die Implementierung eines gestrafften und effizienten KYC-Prozesses ist entscheidend für das Gleichgewicht zwischen Konversionen und Compliance. Die Implementierung fortschrittlicher KYC-Technologien erfordert jedoch erhebliche Investitionen in IT, Compliance und juristisches Fachwissen. Dies stellt eine besondere Herausforderung für Neobanken und Neobroker in Deutschland dar – vor allem für diejenigen, die sich eine schnelle Markteinführung und operative Effizienz zum Ziel gesetzt haben. Außerdem führt die ständige Weiterentwicklung neuer Technologien und Standards zu einer weiteren Komplexitäts- und Kostenebene.
Die damit verbundenen massiven Investitionen beeinträchtigen unweigerlich die Flexibilität von Neobanken und Neobrokern. Wenn diese Institute nicht über umfangreiche finanzielle und personelle Ressourcen verfügen, ist ihre Fähigkeit, ihre Strategien oder Risikobereitschaft rasch anzupassen, stark eingeschränkt.
Herausforderung 3: Schwache Konversionsraten gefährden die Wettbewerbsfähigkeit
Hohe Konversionsraten und ehrgeizige Wachstumsziele ziehen oft betrügerische Aktivitäten an. Aus diesem Grund müssen deutsche Neobanken und Neobroker ein Gleichgewicht zwischen der Benutzerfreundlichkeit ihrer digitalen Plattformen und der Gewährleistung robuster Sicherheitsmaßnahmen finden.
Ein Übermaß an Sicherheitsprotokollen kann die Plattform jedoch weniger benutzerfreundlich machen und damit potenzielle Kund:innen abschrecken. Je komplexer der Konversionstrichter ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein:e Kund:in abspringt. Es geht dabei nicht nur darum, Identitätsbetrug während des Onboarding-Prozesses zu verhindern. Neobanken und Neobroker müssen auch eine sichere Umgebung schaffen, um Kundendaten und -gelder zu schützen.
Fazit: Den Widerspruch auflösen
In der komplexen und sich ständig verändernden regulatorischen Landschaft ist es für europäische Neobanken und Neobroker unerlässlich, einen Compliance-Partner zu wählen, der mehr ist als ein Anbieter von reinen KYC-Dienstleistungen. Ein solcher Partner sollte in der Lage sein, eng mit internen Teams zusammenzuarbeiten, um sowohl Compliance-Ziele als auch operative und geschäftliche Ziele zu erreichen. Dazu gehört die Unterstützung bei der Kundenidentifizierung nicht nur in der Onboarding-Phase, sondern während des gesamten Kundenlebenszyklus.
Die Entscheidung für einen Partner, der eine einheitliche API-Lösung für alle KYC- und AML-Anforderungen anbietet, senkt nicht nur den Zeit- und Kostenaufwand für die Einhaltung von Vorschriften; sie ermöglicht es Finanzinstituten auch, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, ohne sich mit unterschiedlichen Systemen oder Anbietern auseinandersetzen zu müssen. Darüber hinaus minimiert eine Lösung, die sorgfältig mit Blick auf die Kundenerfahrung entwickelt wurde, die erforderlichen Schritte und hilft so, die Reibung zwischen einer Organisation und ihren Kunden zu verringern, was letztendlich die Konversionsraten erhöht.